Gedanken zur Herkunft.
In Österreich haben wir nun nach Weinviertel, Mittelburgenland und Traisental mit dem Kremstal die vierte DAC-Gemeinschaft. Es ist Zeit, sich einmal über die Sinnhaftigkeit von Herkunftsweinen oder Appelationen Gedanken zu machen. Macht das in Österreich wirklich Sinn?
Ich weiss schon, ich setze mich jetzt in ein Wespennest und vielen wird das nicht gefallen, was ich hier überlege. Aber es sind ja meine ganz persönlichen Gedanken zum Thema.
Ich war zunächst einmal nach der Einführung der Weinviertel DAC begeistert. Die allererste Präsentation war grossartig. Da fand man wirklich eine einheitliche Linie, klassische würzige Veltliner. Mit ganz wenigen Ausreissern nach oben und unten. Sehr gelungen dachte ich. Und erfolgreich. Zumindest im Inland. Erstmals konnten sich die Weinviertler Weinbauern profilieren und vernünftiges Geld für Ihre Weine verlangen.
Ich wurde allerdings spätestens mit dem Jahrgang 2003 auf den Boden geholt. Denn gerade in dem heissen Jahr zeigte sich, dass von Einheitlichkeit keine Rede mehr sein konnte, denn logischerweise gab es viele vollmundige dichte Weine mit 13% Alkohol und darüber. Damals fragte ich, warum man denn keine „Reserve“ – oder wie auch immer man eine gereiftere Version bezeichnen will – einführe.
Nun, die Mittelburgenländer und Kremstaler haben das gleich bedacht und eingeführt. Beim Rotwein ja auch irgendwie logisch, beim Weisswein allerdings durch die kontinuierlich steigenden Alkoholgrade auch. Hier zögert man allerdings immer noch. Dabei zeigt doch gerade der Erfolg der Wachau, dass das wohl richtig ist.
Warum nun allerdings auf den Etiketten ein ausgezeichneter Weissburgunder oder Zweigelt nicht mehr aus dem Weinviertel kommen darf, warum eine der erfolgreichen Cuvees jetzt nicht mehr aus dem Mittelburgenland und ein erfrischender, mineralischer Muskateller nicht mehr aus dem Kremstal kommen darf, will mir nicht ganz einleuchten. Die müssen jetzt quasi „abgestuft“ als Niederösterreicher oder Burgenländer bezeichnet werden. Wie ein Tafelwein…
Grüner Veltliner. Weinviertel DAC. Oder doch Herrnbaumgartner?
Und ausserdem: Das hatten wir doch schon. Gehen Sie nur einmal in eines dieser „alten“ Lokale, wie das Weinhaus Sittl am Gürtel bei der U-Bahn Josefstädter Strasse. Da steht auf der Tafel über der Schank: Sosser, das ist der vollmundige Rote aus der Thermenregion, der Herrnbaumgartner stand für den würzigen, knackigen Weissen, der Zöbinger war immer schon der „Gute“ und es war nichts anderes als heute, ein Riesling vom Heiligenstein (nur gereifter). Ja selbst die Lagen gab es doch schon: Der Nussberger war in Wien doch immer schon legendär.
In den letzten zwanzig Jahren haben wir ein übersichtliches, verständliches Etikettensystem eingeführt, das den Aufbruch – die neue Qualität des österreichischen Weines transportierte. Darin unterscheiden wir uns vorteilhaft von unseren Mitbewerbern, deren DOC-Systeme, Goldkapseln oder Dorf-Appelationen oft schon im Inland niemand versteht, geschweige denn irgendwer im Ausland.
Nun traf ich neulich einen der grössten Importeure Deutschlands und fragte ihn, warum er eigentlich keine DAC Weine führe. Die Antwort war verblüffend: „Jetzt haben wir jahrelang unseren Kunden erklärt, wie österreichischer Wein funktioniert: Da steht der Winzer und die Rebsorte drauf und dann gibt es immer einen „einfachen“ oder Klassik-Wein, einen Lagenwein und einen speziellen, der meist nach einer Tochter benannt ist oder einen Phantasienamen hat. Das funktioniert ausgezeichnet. Gerade bei euren autochthonen Sorten. Warum wollt ihr das ändern.“
Ähnliches hörte ich auch in London und den Vereinigten Staaten. Gerade in Übersee ist es gelungen mit dem Grünen Veltliner einen USP zu setzen, weswegen man heute in jedem guten Restaurant oft sogar mehrere Veltliner auf der Karte findet. Dasselbe kann man zu Zweigelt und Blaufränkisch hören. Auf der letzten Wine-Trade-Fair in London kamen die Importeure zu den Ständen und fragten definitiv nach Grünem Veltliner. Die Aussteller, die keinen anzubieten hatten, sahen deutlich weniger Besucher. Die, die einem im Sortiment hatten konnten nach der Verkostung des Veltliners auch mit den anderen Rebsorten überzeugen.
Appelation oder Rebsorte?
Sehen wir doch einmal ins Ausland, von wir uns das Appelationssystem ja abgekupfert haben: Natürlich kennt die ganze Welt Bordeaux, Chianti oder Rioja. Warum aber werden dann auch von dort doch eher die „Markennamen“ gekauft. Nur weil sie besser sind? Oder weil man eben „Brands“ sucht? Einen USP, ein einzigartiges Verkaufsargument, mit dem man sich hervorheben kann? Wohl eher. Petrus könnte genauso gut Merlot statt Bordeaux auf die Flasche schreiben. Und Chianti oder Brunello gelten doch inzwischen genauso als Synonym für Sangiovese, wie Rioja für Tempranillo. Und wer kennt denn eine DOC Menfi? Einen Nero d’Avola assoziiert man aber automatisch mit Sizilien.
Dass man das im Ausland nachmachen kann, ist ein schwaches Argument. Denn obwohl weltweit Chardonnay angebaut wird, gilt Burgund als die Qualitätshochburg dieser Sorte. Das Appelationssytem dort versteht aber wohl kaum wer, der nicht eingefleischter Weinliebhaber ist. Dass in einer Weisswein-Flasche aus Burgund Chardonnay drin ist, weiss aber jeder, der sich auch nur ein klein wenig mit Wein beschäftigt hat. Dasselbe gilt für Pinot Noir. Für Cabernet-Merlot steht Bordeaux und so weiter. Jeder, der irgendwo anders auf der Welt eine dieser Sorten anbaut und noch so guten Wein daraus macht, ist aber automatisch Zweiter. Nach den Erfolgen des Grünen Veltliners müssen wir uns also keineswegs vor Nachahmern in Neuseeland oder sonstwo fürchten. Wir sind da sowieso Nummer 1. Den jetzt auf Weinviertel, Kremstal oder Traisental umzutaufen ist kontraproduktiv.
Delikatessenladen Österreich.
Vor allem aber: Dort überall gibt es keine Sortenvielfalt, wie bei uns. Österreich ist doch gerade deswegen so spannend, weil es nirgendwo auf der Welt möglich ist, aus so vielen verschiedenen Sorten so gute Weine zu erzeugen. Und das in Weiss, Rot und Süss. Österreich ist der Delikatessenladen der Weinbranche mit einem Flaggschiff namens Grüner Veltliner, das die anderen Spezialitäten mitzieht.
Das haben wir mit tollen Qualitäten und effizientem Marketing-Aufwand – einer übrigens ganz ausgezeichnet agierenden ÖWM – in den letzten Jahrzehnten erreicht. Warum fangen wir jetzt von vorne an und verwirren unsere Kunden auf der ganzen Welt?
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