Complimenti Jonni.
Ungeschwefelter Wein. Geht nicht?
Von einem, der kein Geld hat, aber auch keine Investoren sucht. Der im Keller seines schreiend gelben Hauses Wein produziert, der selbst alte Wein-Schreiber wieder aufweckt. Doch das geht.
Vor ein paar Jahren traf ich hier im Ort Jonni. Er wurde tatsächlich so getauft. Eh wurscht eigentlich. Dunkler Typ, mit wilden Rasta-Locken und Bart. Er erklärte mir die Unterschiede der lokalen Glasgrössen in der Maremma. Wesentlich ist die Füllmenge und der je nach Menge variierende, aber immer unglaublich (zu) günstige Preis.
Irgendwann kam ich drauf, dass er Önologe ist und bei durchaus namhaften Betrieben der Gegend als Kellermeister werkte. Auch heute noch pendelt er täglich eine gute Stunde hin und ebenso lang zurück, zwischen Roccatederighi und Scansano, wo er bei La Selva durchaus beachtliche Weine keltert, die ihn aber trotz biologischer Bewirtschaftung nicht so richtig glücklich machen. Okay, das hier ist eines jener anarchistischen Städtchen, derer es in Italien noch viele gibt, an denen jede Regierung früher oder später scheitert.
Jonni ist auch ein bisserl so einer. Nennen wir es Freigeist, Querdenker, jedenfalls kein Angepasster oder Mitläufer. Seine Kinder lässt er privat unterrichten, weil er dem Schulsystem misstraut.
Warum schreib ich so viel. Tja, ich möchte, dass ihr ihn euch ein wenig vorstellen könnt.
Irgendwann lud ich ihn ein, mitzuverkosten, als ich einige deutsche und österreichische Weine da hatte.Seine knallharten Kritiken faszinierten mich.
Logischerweise brachte er auch einen Wein mit. Seinen ersten eigenen. Ein Rotwein aus verschiedenen Mini-Parzellen, die er gepachtet hatte, aus verschiedene Rebsorten, in einem uralten Fass, das er irgendwo billig erstehen konnte, ausgebaut. Das war schon okay, aber man merkte halt schon, da fehlt einfach die Kohle, um es noch besser zu machen. Es gab davon grad mal 400 Flaschen.
Aber: Schon damals tranken wir die Flasche aus. Da war schöne Frucht, gute Balance und - Trinkvergnügen. Auch wenn es einfacher Wein war, der machte schon durchaus Spass.
Inzwischen ohne Rasta-Locken, aber immer noch ungezähmt.
Heute, 3 Jahre später brachte er mir seinen 2019er. Biodyn, natural, wie immer man das nennen will, und - ungeschwefelt. Und damit hat er es geschafft, seine inzwischen 1.350 Flaschen in Enotecas und Weinbars von Turin bis Rom, die sich auf solche Weine spezialisiert haben, zu verkaufen.
Und ich verstehe es. Denn auch, wenn er leider verkaufen muss, obwohl er die Weine gerne noch mindestens ein Jahr liegen lassen würde, das schmeckt schon wirklich gut.
Im Duft ein dunkler Beeren-Mix und würzige Wiesenkräuter, die ich hier im Spätsommer auch immer rieche, wenn ich spazieren gehe, wilder Majoran, Rosmarin, Lavendel und so, das wächst einfach rundherum überall, deswegen ist es auch im Wein. Man riecht halt einfach die Gegend. Am Gaumen ein recht vollmundiger Auftritt, aber fruchtig, saftig, kein bisserl breit, eher tänzelnd, vielleicht ein wenig "rustikal", aber auch das passt ja zur Maremma, vor allem perfekt zu den typischen Speisen hier. Frucht, Mund-Fülle und Säure spielen gut zusammen, man könnte es auch perfekt balanciert nennen, wenn man ins klassische Weinsprech verfallen mag. Mag ich aber grad nicht. Das schmeckt einfach, hat durchaus Länge und feine Tannine, die trotz des jugendlichen Alters schon recht gut integriert sind.
Das beste Kompliment, das man als Verkoster machen kann, ist, dass man sich zurücklehnt, ein zweites mal einschenkt und den Wein nicht ausspuckt, sondern trinkt. Das tu ich grad. Und ich hab ihm grad gewhatsappt, dass ich ihm noch ein 6er Kistl abkaufen muss, denn ich will sehen, wie sich der entwickelt, wenn man ihn noch 2-3 Jahre reifen lässt. Denn ich glaube, dann kriegt er von mir Punkte in Falstaff-Maroni-Dimensionen.
Jetzt geb ich ihm schon 90 Punkte.
Und ich wünsch mir, dass ihm noch viele ältere Herren der Umgebung ihre paar Rebzeilen anvertrauen. Denn Geld wird er noch lange nicht genug haben. Weil er jeden Cent wieder investiert und es sich nicht leisten kann, Zäune zu bauen, um die Wildschweine abzuhalten seine halbe Ernte genüsslich zu verspeisen.
Andererseits schmecken die dann ja auch so gut, weil sie die tollen Trauben unserer Winzer gefressen haben. Zwei Herzen in des Genuss-Menschens Brust.
Wie auch immer. Jonni - Complimenti!
Übrigens. Wenn ihr den auch trinken möchtet, müsst ihr einfach in den Süden der Toscana kommen, in die wunderbare Maremma. Denn Importeure gibt es (noch) nicht. Es gibt ja auch viel zu wenige Flaschen davon.
Nachtrag. Inzwischen gibt es einen Importeur in Berlin, der auch versendet:
Jan Kiegeland mit seinem DiVinum Weinkontor https://www.divinum.de
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