Heida, Resi, Gwäss und Plantscher.
Eine kleine Wein-Reise in die Vergangenheit.
Was hier im Titel so lustig klingt, sind absolute Wein-Raritäten. So etwas bekommt man auch als Weinjournalist kaum jemals zu kosten. Im August 2009 fand das erste Gipfeltreffen von Winzern, die sich mit solchen Raritäten beschäftigen, im schweizerischen Kanton Wallis statt.
Nur ganz wenige Winzer weltweit beschäftigen sich noch mit solchen "ausgestorbenen Sorten". Zwei davon, der Schweizer Josef-Marie "Chosy" Chanton und das Weingut Breuer aus dem Rheingau in Deutschland organisierten nun diese spannende Verkostung mit Winzern aus Italien, Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Und dank Franz Leth sen. der mir einen "Österreichisch Weiss" aus seinem Sortenraritäten-Weingarten spendierte, gab es auch einen österreichischen Beitrag.
Heunisch, Gwäss, Gouais Blanc, Preveyral, Blancio.
Das sind nur fünf von hunderten Synonymen der ältesten mit Namen bekannten Rebsorte, von der allerdings sehr viele heute bekannte Sorten abstammen, allen voran Chardonnay, Riesling, Blaufränkisch, Sylvaner, Gamay oder Furmint. Auch unser Roter Veltliner stammt davon ab.
Insgesamt sind (bis heute) 78 Rebsorten gentechnisch nachweisbar davon abstammend. Woher der Name ursprünglich kommt, ist nicht ganz gesichert. Lange hielt sich die Annahme, dass es urspünglich von "hunnisch" abstammen könnte und die Hunnen die Sorte mitbrachten. Möglicherweise ist Heunisch auch aus dem Niederdeutsch, wo es "riesig" bzw. einfach "groß" bedeutete. Denn die Trauben sind relativ gross, die Weine eher leichtgewichtig und säurebetont. Es ist laut "Chosy" Chanton unbedingt notwendig stark auszudünnen, da sie sonst nur einen "Arbeiterwein" liefert.
Vielleicht fand die Verkostung dieser Sorte auch deswegen in dünner Luft auf 3.500m Seehöhe im Gletscherrestaurant Allalin statt. Nein, ernsthaft waren die immerhin acht verschiedenen Weine dieser Rarität bei herrlichem Rundumblick auf die Viertausender eine ausgesprochen spannende Verkostung und die Reise allemal wert.
Teroldego, Nascetta, Himbertscha, Lafnetscha, Mollard, Completer und Gelber Orleans.
Fast noch ein bisserl spannender war die Verkostung der 17 anderen Rebsorten, die allesamt so gut wie ausgestorben sind. Besonders erwähnenswert ist der Einsatz von "Chosy" Chanton, der auf Weingärten bis hinauf auf 1.000m Seehöhe mehr als 15 verschiedene Rebsorten anbaut.
Im wunderschönen Verkostungsraum – wo man die künstlerische Ader von Chosy's Frau Marlis geradezu fühlen kann, standen von Elisabetta Foradori's Teroldego bis zu dem einzigen weltweit angebauten Lafnetscher ziemlich beeindruckende Weine.
Besonders gut gefallen haben mir der Heida, mit viel gelben Fruchtaromen, feiner Würze und toller Struktur, der Plantscher, mit einem Duft nach weissen Ribisln und Grapefruit und einem kraftvollen Auftritt am Gaumen, sowie der Lafnetscha, der duftig-floral und extrem einladend duftet, am Gaumen dann mit extraktsüsser Frucht und animierender Länge beeindruckt.
Spannende Raritäten.
Spannend auch der Gelbe Orleans vom Weingut Breuer, ungemein saftig und zart würzig, schmelzig und erfrischend, sowie der Jeninser Completer vom Weingut Tscharner, der nach gelbem Steinobst und Ananas duftet und schmeckt, recht kraftvoll und toll strukturiert ist, ein Wein mit Ecken und Kanten, der beeindruckt.
Die Rotweine waren wieder ganz besonders beeindruckend, allesamt ganz genau das Gegenteil, was im Moment in der Weinwelt so an "Mon Cherie-Roten" produziert wird. Wein mit Charakter, eigenständig, manche auch sehr eigenwillig und gewöhnungsbedürftig. Aus Rebsorten, die Mollards, Mayolet, Vien de Nus oder Bondola heissen.
Beeindruckend auch der Vortrag von Dr. José Vouillamoz über seine Forschungsarbeiten der genealogischen Analysen der Reben, die demnächst auch als Buch erscheinen werden. Da können sogar Wein-Profis noch ziemlich viel dazulernen.
Viele dieser Wein-Raritäten gibt es natürlich auch nur in homöopathischen Mengen, einige davon, speziell beim Weingut Chanton gibt es aber auch im Verkauf. Sicherlich sind diese Wein-Spezialitäten nicht die "Schnell-Dreher" auf einer Weinkarte. Wer aber seinen Gästen einmal etwas anderes anbieten will, ist hier richtig.
"Wir sind die einzigen auf der Welt, die Himbertscha angepflanzt haben – daher ist das der beste Himbertscha der Welt" (Josef-Marie Chanton)
Die Winzer und Ihre Weine:
Gwäss, Himbertscha, Lafnetscha, Resi, Plantscher, Eyholzer Roter, Humagne rouge und einige andere Raritäten.
Chanton Weine, Visp, Wallis, Schweiz
www.chanton.ch
Langhe Bianco, Anas-Cetta
Elvio Cogno, Novello, Piemont, Italien
www.elviocogno.com
Varner Gwäss – "Gwässriämuwii"
Weinkeller zum Leyscher, Varen, Schweiz
www.leyscherweine.ch
Embder-Gwäss
Lengen Weine, Brig-Glis, Schweiz
www.lengen-weine.ch/
Weisser Heunisch, Gelber Orleans
Weingut Georg Breuer, Rüdeheim, Deutschland
www.georg-breuer.com
Teroldego Rotaliano
Elisabetta Foradori, Mezzolombardo, Trentino, Italien
www.elisabettaforadori.com
Mollard – Cuvée Rouges Vieilles Vignes
Domaine Marc Allemand, Espinasses, Frankreich
www.allemand.chez.com
Lagrein Riserva "Abtei Muri"
Tenuta Muri-Gries, Bozen, Südtirol, Italien
www.muri-gries.com
Vallée d' Aoste Petit Rouge und Vigne Cartesan
Vini Rari die Giulio Moriondo, Quart, Aostatal, Italien
www.vinirari.it
Completer
Gian-Battista von Tscharner, Schloss Reichenau, Schweiz
www.reichenau.ch
Bondola Ticino "La Sergrisola"
Stefan Haldemann, Minusio, Tessin, Schweiz
www.Haldemann.vini@bluewin.ch
Blancio
Azienda Vigna S. Carlo di Conte Reyneri di Lagnasco, Saluzzo, Italien
camrey@tin.it
Gwäss
Kellerei Daniela Kramberger, Visp, Wallis, Schweiz
Kellerei_kramberger@bluewin.ch
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